Foto: D. Winter / DRK e.V.

Säckinger Einsatzkräfte beim Katastrophenschutz-Einsatz im Ahrtal

Am 14. Juli 2021 führte Unwetter mit Starkregen zu einer der schlimmsten Hochwasser-Katastrophen der deutschen Geschichte mit enormen Schäden in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. Im Verlauf kamen mehrere Säckinger Einsatzkräfte dort zum Einsatz. Wir haben mit ihnen gesprochen:

 

180 Menschen verloren ihr Leben, Tausende ihr Hab und Gut.  Viele der Betroffenen sind traumatisiert. Sie haben Schreckliches erlebt und stehen vor den Trümmern ihrer Existenz.

Allein in Rheinland-Pfalz benötigten über 40.000 Menschen dringend grundlegende Hilfe.  Die Unterkünfte von 17.500 Menschen in Rheinland-Pfalz und 14.000 Menschen in Nordrhein-Westfalen waren unmittelbar betroffen.

Gerd, Christian und Alex, ihr wart für das Deutsche Rote Kreuz im Katastrophenschutz-Einsatz im Ahrtal, was waren dort eure Aufgaben?

Gerd: „Das Essen zur Ausgabestelle liefern, dort an die Einsatzkräfte aller Hilfsorganisationen ausgeben und danach die Vorbereitung der Ausgabestelle für die nächsten Ausgaben“

Christian: „Mittagessen für Einsatzkräfte und Betroffene zubereiten und als Feldkoch eine Feldküche leiten“

Alex: „Wir haben mit unserem KTW-B bei der Evakuierung verschiedener Gebäude geholfen und die Menschen betreut bzw. versorgt. Die Menschen wurden auf verschiedene Fahrzeuge verteilt und an sichere Orte gebracht. Durch die Chaosphase haben wir uns in unserem Verband selber organisiert, die Leitungskräfte vor Ort waren mit der Situation am Anschlag Ihres Leistungsvermögens. Größtes Projekt war die Evakuierung eines Pflegeheims mit 400 Menschen. Viele dieser Bewohner mussten Teils aus dem 5 Stock über das Treppenhaus runtergetragen werden“

Was hat euch bewogen, in den Einsatz zu gehen?

Gerd: „Um den Menschen irgendwie zu helfen und Erfahrung im Katastrophenschutz zu sammeln“

Christian: „Jeder sollte sich ehrenamtlich zum Wohl aller engagieren und helfen. Mir war es ein großes Bedürfnis den Betroffenen in meinen Möglichkeiten zu helfen, auch wenn es nicht viel ist.“

Alex: „Wir werden schon seit Jahren auf solche Einsätze ausgebildet und vorbereitet. Ich habe mich vor vielen Jahren dazu entschieden, den Menschen zur Seite zu stehen und ihnen zu helfen, wenn ich kann. Für mich war es keine Frage, den in Not geratenen Menschen sofort zu helfen und hoffe auch, wenn wir bei uns im Land so eine Katastrophe haben, ebenso Hilfe durch Menschen wie mich zu bekommen“.

Was waren eure Eindrücke vor Ort?

Gerd: „Die Menschen sind unglaublich dankbar für jede Hilfe in dieser unglaublichen Zerstörung“

Christian: „Die Bilder, die man von den Nachrichten zu sehen bekommen hat, sind nicht mit den Eindrücken vor Ort nicht zu vergleichen. Trotzdem was den Menschen widerfahren ist waren sie doch optimistisch und sehr freundlich. Die Dankbarkeit der Menschen war alle Mühen wert. Die Zusammenarbeit aller Helfer war für mich beispiellos. Die Organisation war an manchen Stellen recht chaotisch, aber mit genug Eigeninitiative zu bewältigen.“

Alex: „Vor Ort bot sich uns ein Bild der Zerstörung. Aber nicht wie Hochwasser, das kennen wir ja gerade bei uns in den Rheinauen. Es sah eher aus, als wenn ein Tornado zusammen mit einem Tsunami durch die Straßen vor Ort gefegt sind. Wenn man nicht vor Ort war ist das schwer zu glauben, da waren Bodenplatten, wo Häuser eigentlich drauf stehen…Häuser haben wir aber keine gesehen. Die Menschen waren am Ende ihrer Kräfte, standen bis teilweise zu den Oberschenkeln im Matsch ihrer völlig zerstörten Häuser und Straßen. Wir haben bei unserer Anfahrt nach Ahrweiler in Bruchsal Proviant gebunkert, vor allem Getränke. Die kamen hier sofort zum Einsatz, wir verteilten diese an Menschen, die verzweifelt am Straßenrand versucht haben, ihre baufälligen Häuser vom Morast zu befreien. Zu diesem Zeitpunkt haben die Betroffenen noch nicht wirklich realisiert, was geschehen war“. 

Ist euch etwas speziell im Gedächtnis geblieben? Eine Szene, ein Kommentar, ein Bild?

Gerd: „Die zerstörten Häuser, die nach einem Tag plötzlich weg waren und nur noch die Bodenplatte mit einer Kerze darauf zu sehen war. Eine ältere Frau, die in abgetragenen Hausschuhen Essen geholt hat für sich und ihren Mann und nur mit Mühe ihre Tränen unterdrücken konnte. Die Gespräche mit den Betroffenen, die erzählten, die es geschah und was folgte“

Christian: „Die zerstörerische Kraft der Natur und die unglaubliche Hilfsbereitschaft der Menschen“

Alex: „Die Bilder der Zerstörung bleiben einem im Kopf. Dass Elend, welches dort über die Menschen kam, die Angehörige, ihre Existenz verloren haben und die Hilflosigkeit gegenüber dieser Naturgewalt spürten. Auch die Euphorie, als wir durch die zerstörten Straßen fuhren, wenn man es fahren nennen konnte, wird mir im Gedächtnis bleiben. Die Hoffnung, die den Menschen in den Augen stand, Hilfe zu bekommen. Die Dankbarkeit der hilfebedürftigen Menschen und die für mich großartige Zusammenarbeit in unserem Verband mit den Kollegen aus den weiteren Kreisverbänden. Zusammen waren wir stark und konnten Einiges bewegen, wenigstens einigen Menschen Sicherheit geben.“

Gerd Sippel, 39 Jahre alt, seit 2019 aktives Mitglied im DRK-Ortsverein Laufenburg-Luttingen, war vom 4. September bis zum 11. September 2021 im Ahrtal im Einsatz.

Christian Baier, 29 Jahre alt, seit 2015 aktives Mitglied im DRK-Ortsverein Laufenburg-Luttingen, war vom 14. bis zum 21. August 2021 im Ahrtal im Einsatz.

Alexander Sieber, 46 Jahre alt, seit 30 Jahren ehrenamtlich im DRK-Ortsverein Rickenbach, war vom 15. bis zum 17. Juli 2021 im Ahrtal im Einsatz.